Die Tiere der Kreidezeit galten als furchterregend. Der Tyrannosaurus rex erreichte eine Länge von bis zu zwölf Metern und ein Gewicht von sechs Tonnen. Fossilien belegen, dass dieser Räuber selbst große Beutetiere jagte und mit seinem Biss Knochen zerschmetterte. Der versteinerte Mageninhalt eines jungen Raubsauriers zeigt jedoch, dass selbst diese Schrecken der Urzeit einmal klein waren und sie wählerisch bei ihrer Nahrungsaufnahme vorgingen.
Kurz nach der Mahlzeit verendet
Es scheint, als ob kein Tier der späten Kreidezeit vor ihm sicher war. Dennoch enthüllen Forscher wie der kanadische Paläo-Ökologe François Therrien vom Royal Tyrrell Museum of Paleontology in Drumheller bei Calgary und die Paläontologin Darla Zelenitsky von der University of Calgary jetzt etwas Neues: Gigantische Raubsaurier wie der Tyrannosaurus rex begannen ihre Existenz winzig klein.
In einem Bericht in der Zeitschrift Science Advances beschreiben die Wissenschaftler die Untersuchung des versteinerten Mageninhalts eines jungen Gorgosaurus libratus. Die Überreste dieses Tieres wurden in der “Dinosaur Provincial Park”-Formation in Alberta entdeckt. Obwohl der Gorgosaurus mehrere Millionen Jahre früher lebte als der T. Rex und kleiner war, lassen sich die Erkenntnisse auf diesen übertragen. Der untersuchte Gorgosaurus starb vor etwa 75,3 Millionen Jahren im Alter von ungefähr sechs Jahren. Die Forscher schätzen sein Gewicht auf 335 Kilogramm. Ein ausgewachsener Gorgosaurus könnte über zwei Tonnen gewogen haben.
Im Bauch dieses noch relativ kleinen Jungtiers fanden die Forscher die Hinterbeine von zwei noch viel kleineren Dinosauriern der Art Citipes elegans. Diese zweibeinigen Saurier ernährten sich vermutlich von Pflanzen. Anhand der Knochen schätzten die Forscher, dass jedes dieser Tiere zwischen neun und zwölf Kilogramm wog. Diese Tiere waren so klein, dass sich ein ausgewachsener Gorgosaurus wahrscheinlich nicht viel Zeit mit ihnen verbracht hätte, da sie kaum Nährwert boten, so die Schlussfolgerung der Forscher um Therrien. Dies lässt darauf schließen, wie Raubsaurier einst das Jagen erlernten. Die Vorstellung, dass junge Tyrannosaurier im Rudel mit erwachsenen Tieren auf Beutefang gingen und gemeinsam fraßen, scheint falsch zu sein, da sonst im Magen des Jungtiers wohl Knochen größerer Beutetiere gefunden worden wären. Stattdessen jagten die jungen Raubsaurier wahrscheinlich allein und ernährten sich zunächst von Tieren, die sie besiegen konnten.
Der Mageninhalt des jungen Gorgosaurus offenbart auch, dass diese Tiere wählerisch waren. Das untersuchte Exemplar hatte nicht die gesamten Tiere verschlungen, sondern nur ihre vermutlich fleischreichsten Hinterbeine gefressen. Die beiden Beutetiere waren jünger als ein Jahr. Es scheint, als ob der junge Tyrannosaurus gezielt nach Jungtieren suchte. Dieses Verhalten ähnelt dem heutiger Raubtiere.
Wenn das zutrifft, vermieden die jungen Raubsaurier mit dieser Strategie nicht nur größere und gefährlichere Pflanzenfresser, sondern störten auch nicht die erwachsenen Artgenossen. Im Laufe ihres Lebens entwickelten sich die Tyrannosaurier von mittelgroßen zu Spitzenräubern, wie die Forscher feststellen. Ihr Skelett änderte sich entsprechend: Der Schädel wurde größer und robuster, die Zähne massiver, und das gesamte Tier wuchs auf ein Vielfaches seiner Größe an. Der Gorgosaurus hätte ab einem Alter von etwa elf Jahren und einem Gewicht von etwa 600 Kilogramm wahrscheinlich auch große Pflanzenfresser angegangen, vermuten die Forscher. Auf diese Weise besetzten die Tiere im Laufe der Zeit unterschiedliche ökologische Nischen, was möglicherweise ein Grund für ihren Erfolg war. Doch anscheinend bekam der Gorgosaurus seine Beute nicht gut. Da die Knochen der gefressenen Tiere kaum von Magensäure zersetzt wurden, vermuten die Forscher, dass er kurz nach seiner Mahlzeit verstarb.
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