Heutige Lebewesen weisen viele Gemeinsamkeiten auf, darunter die Nutzung des gleichen genetischen Codes. Daher vermuten Biologen, dass alle heutigen Lebewesen einen gemeinsamen hypothetischen Vorfahren haben, genannt Luca, was für „Last Universal Common Ancestor“ steht. Dieser letzte gemeinsame Vorfahr aller bekannten Lebensformen könnte schon viel früher gelebt haben als bisher angenommen, nämlich vor etwa 4,2 Milliarden Jahren.
Nur etwa 400 Millionen Jahre jünger als das Sonnensystem
Bislang wurde angenommen, dass Luca höchstens 3,9 Milliarden Jahre alt sei, da frühes Leben das sogenannte späte schwere Bombardement vermutlich nicht überlebt hätte, bei dem vor etwa 4 Milliarden Jahren zahlreiche Himmelskörper auf die Erde einschlugen. Neuere Untersuchungen deuten jedoch darauf hin, dass diese Einschläge möglicherweise weniger heftig waren als bisher angenommen. Dies würde bedeuten, dass der letzte gemeinsame Vorfahre auch schon wesentlich früher gelebt haben könnte. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie in der Fachzeitschrift „Nature Ecology & Evolution“. Ein internationales Forschungsteam verfolgte den Stammbaum der Arten bis zu deren mutmaßlichen Anfängen zurück: laut der Studie handelt es sich um einen Einzeller, der heutigen Bakterien ähnelt. Es könnte aber auch damals schon andere Lebewesen sowie Viren gegeben haben, schreiben die Forscher.
Das Team geht davon aus, dass das Erbgut von Luca aus rund 2,75 Millionen Basenpaaren bestand – eine vergleichbare Größenordnung wie bei heutigen Prokaryoten, also Einzellern ohne Zellkern. „Aber wirklich interessant ist, dass er offensichtlich über ein frühes Immunsystem verfügte“, sagt Ko-Autor Davide Pisani aus Bristol. „Das zeigt, dass sich unser Vorfahre bereits vor 4,2 Milliarden Jahren in einem Wettrüsten mit Viren befand.“ Sollten die Berechnungen der Studie zutreffen, wäre Luca nur etwa 400 Millionen Jahre jünger als das Sonnensystem. Die Ergebnisse passen jedoch zu den heutigen Ansichten über die Bewohnbarkeit der frühen Erde.
Das vermutete Erbgut von Luca enthielt bereits Gene für ein einfaches Crispr-System, einen Vorläufer des Crispr-Cas-Systems, mit dem sich heutige Bakterien gegen Viren wehren und das in der Biotechnologie als Genschere genutzt wird. „Unsere Arbeit vereint Daten und Methoden aus mehreren Disziplinen und führt zu Erkenntnissen über die frühe Erde und das Leben, die keine Disziplin allein erarbeiten könnte“, sagt Philip Donoghue von der Universität Bristol, Co-Autor der Studie. Die Ergebnisse zeigen auch, dass sich zur Zeit von Luca wahrscheinlich schon ein Ökosystem etabliert hatte.
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